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Olivia macht Schule

Schaumburger Nachrichten_17.11.2023

 

 

SN

 

Die Schwarze Witwe macht Schule

Veuve Noire, Französisch für „Schwarze Witwe“, sitzt mit hohen Hacken, hautenger Leggins und in einem Strickpullover gut verpackten Silikonbrüsten mitten auf der Bühne. Ihr blonder Riesendutt leuchtet deutlich sichtbar bis in die letzte Reihe. Sie nennt sich Schwarze Witwe, weil sie damit ihr Inneres nach außen kehrt, in ihrem Innen war es nämlich lange Zeit düster: Als Jugendliche fremdbestimmt von den sogenannten Freunden geoutet – verspottet, verfolgt, verprügelt. Aber warum? Weil Veuve Noire eine Drag-Queen ist, ein Mann der „dressed as a girl“ ist und damit so ganz anders aussieht als die Mehrheit der Bevölkerung. Veuve Noire erzählt im Rahmen des Projekts „Olivia macht Schule – Nachhilfe für Toleranz, Vielfalt und Respekt“ offen und ehrlich, ja geradezu schonungslos, von diskriminierenden Erlebnissen aus ihrer Jugend bis ins Erwachsenenalter. Einfühlsam wertet sie nicht einfach Schubladendenken ab, sondern erkennt dessen Notwendigkeit zur Orientierung für den Menschen an, nicht aber die damit oft einhergehenden Vorurteile. Sie führt den Schüler*innen des 10. und 11. Jahrgangs vor Augen, wie diese Vorurteile Körper und Seele einen Menschen zerstören können. Gleichzeitig zeigt sie auf, wie wichtig die vorteilsfreie Zuwendung Einzelner für einen Menschen in der Krise sein kann. So berichtet sie z.B. von den eigenen Selbstmordgedanken, die gerade noch rechtzeitig von einer Freundin unterbrochen werden.

Auch bietet sie den knapp 300 Schüler*innen eine Reihe an Hintergrund-Informationen, dass Liebe unter Männern in der Tierwelt gehäuft vorkommt, in der menschlichen Geschichte schon vor Jahrtausenden zum Alltag dazugehörte und in Deutschland leider erst seit 1994 nicht mehr unter Strafe steht. Sie gibt den Schüler*innen ebenso offenherzig einen Einblick in ihre Entwicklung: Wie sehr Make-Up und Frauenkleidung ihr Freude bereiten, veranschaulicht sie bildhaft an einer Situation aus ihrer Jugend, als sie das erste Mal eine vom Hautarzt verschriebene Creme gegen unreine Haut auf ihrem Gesicht verteilt. Dabei möchte sie v.a. auf eines aufmerksam machen: Jeder soll so sein können, wie er oder sie möchte und ohne Grenzen lieben können.

Zu all diesen Aspekten dürfen die Schüler*innen im Anschluss Fragen stellen und nehmen dies rege wahr. Veuve Noire nimmt sich die Zeit, nicht nur die vielen Fragen in Ruhe zu beantworten und mal einen Seitenhieb locker zu parieren, sondern auch weit nach Ende der Veranstaltung noch Fotos mit Begeisterten zu machen. Hier wird bis zum Schluss eines klar: Veuve Noire lebt, was ihr wichtig ist – lieben und lieben lassen, denn sie lässt allen ihre Aufmerksamkeit zukommen.

Eva Claus